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AutorenbildBernadette Hartl

Interview 5 Minuten Kärnten

Aktualisiert: 26. Mai 2021

Klagenfurt – "Mach kein Drama, das Baby hat ja nicht mal richtig gelebt!" - Solche und ähnliche Sprüche musste sich Bernadette Kohlweis anhören als sie gleich zwei Babys in den ersten Schwangerschaftswochen verlor. "Ich fühlte mich alleine und unverstanden", erinnert sie sich. Mit dem Verein Wandelstern möchte die Dipl. Sozialbetreuerin nun anderen Eltern eine Plattform geben,

um sie in ihrer Trauer zu begleiten.

Was Bernadette Kohlweis durchleben musste, wünscht sich wohl niemand. Die 31-Jährige hat 2018 und 2019 jeweils ein Kind im Mutterleib verloren. „Ich hatte eine Narbenschwangerschaft, die weltweit nur 0,14 % der Frauen betrifft“, erklärt die Sozialberaterin, die seit fünf Jahren mit ihren zwei Kindern und ihrem Mann in Klagenfurt lebt.

„Sie leben in meinem Herzen weiter“

Entdeckt wurde dies erst Anfang des 4. Schwangerschaftsmonats. „Das Kind hat sich in der Kaiserschnittnarbe meiner ersten Tochter eingenistet statt in der Gebärmutter“, beschreibt Bernadette im Interview mit 5 Minuten. „Durch eine Chemotherapie wurde das Zellwachstum gestoppt, doch mein Körper hat das Baby nicht abgestoßen und ich habe es fast drei Monate tot in mir getragen“, erfahren wir. „Erst nach vielen Diskussionen wurden schließlich die Wehen eingeleitet. Ich war schon so weit, dass ich mir mein Kind selbst aus dem Körper schneiden wollte!“ Bei der nachfolgenden Operation wurde ihre Blase verletzt und Bernadette wurde fast inkontinent. „Das alles war sehr schwer für mich!“

„Ein erneuter Schock“

Als wäre diese Erfahrung nicht genug, wurde bei der nächsten Schwangerschaft wieder eine Narbenschwangerschaft festgestellt. „Dieses Mal wurde es früher erkannt und der Fötus mittels Saugcurettage in der 6. Schwangerschaftswoche entfernt“, erinnert sich die Mutter zweier Sternenkinder. „Bei beiden Schwangerschaften stand mein Leben auf dem Spiel. Doch manchmal habe ich mir gewünscht, ich wäre mit den zwei Kindern gestorben.“ Bernadette fühlte sich in der Zeit danach sehr alleine gelassen und unverstanden. „Meine Trauer wurde nicht ernst genommen.“

Stiller Leidensweg

„Freunde und Bekannte ließen abfällige Sprüche von sich, dass die Kinder eh noch so klein waren und warum ich da so traurig bin“, erzählt Bernadette. „Ich hatte ja bereits eine Tochter und einen Vollzeit-Job. Ich habe einfach nur noch funktioniert und habe mir den Freiraum zur Trauer nicht zugestanden“, sagt sie. „Irgendwann lag ich einfach nur noch am Boden und habe geweint und geschrien.“ Halt und Verständnis hat sie bei ihren selbst ausgesuchten Herzenseltern Ulli und Ludwig gefunden, die sie durch diese schwere Zeit begleitet haben. Die Mutter zweier Sternenkinder wusste damals auch nicht, dass ihre Föten ein Recht auf eine Beerdigung gehabt hätten. „Es hätte mir geholfen Abschied zu nehmen!“ Deswegen hat die Familie einen Trauerort am Kinderfriedhof Annabichl gestaltet. Windräder und bemalte Steine sollen an ihre Sternenkinder erinnern. „Ich kam oft hierher und habe einfach nur geweint und mit meinen Kindern gesprochen.“

Zur Adoption geraten

Doch Bernadette spürte den innigen Wunsch eines weiteren Kindes. „Die Ärzte haben mir dringend davor abgeraten nochmals schwanger zu werden. Sie empfahlen mir eine Adoption oder künstliche Befruchtung“, gesteht sie. „Doch es fühlte sich für mich nicht richtig an und so wurde ich erneut schwanger.“ Bis zur 9. Woche war von dem Fötus kein Herzschlag wahrnehmbar und die Familie wurde wieder von Angst und Ungewissheit gequält. „Im Krankenhaus wurden mir Abtreibungspillen hergerichtet und ich hatte schon einen Termin zur Curettage“, beschreibt sie die schwere Zeit. Doch es kam alles anders, weil sich die Familie weitere Meinungen in anderen Kliniken eingeholt hat. „Ich habe nur noch geweint und war sehr verzweifelt. In einer anderen Klinik hat man mir gesagt, dass wir mal bis zur 12. Woche abwarten und trotz einer komplizierten Risikoschwangerschaft mit vielen Blutungen und Übelkeit, habe ich einen gesunden Sohn zur Welt gebracht.“

„Du bist nicht alleine“

„Ich habe viel Schreckliches erlebt und hatte niemanden, der mich in meiner Trauer begleitet hat“, sagt Bernadette. „Vielen Menschen geht es ähnlich wie mir damals. Sie brauchen einen Ort, wo sie mit ihren Gefühlen verstanden und unterstützt werden und in ihrer Trauer aufgefangen werden. Deswegen habe ich mich entschlossen den Verein Wandelstern zu gründen und Trauerbegleitung nach einem Kindstod anzubieten“, so die Dipl. Sozialbetreuerin. „Ich weiß, welche körperlichen und psychischen Qualen Betroffene durchleben müssen und habe aufgrund meines eigenen Leidensweges einen eigenen, persönlichen Zugang zum Thema Kindsverlust und Risikoschwangerschaft“, erklärt Bernadette die Hintergründe der Vereinsgründung. „Oft hilft schon die Erkenntnis, dass es anderen ähnlich geht. Mit Gesprächen und Ritualen kann ich die Menschen durch ihren individuellen Trauerprozess begleiten.“

„Jeder braucht etwas anderes“

Dabei verfolgt die Lebens-, Sterbe- und Trauerbegleiterin keine genormten Abläufe. „Jeder Mensch geht anders mit seiner Trauer um. Jedem hilft etwas anderes. In einem persönlichen Gespräch finden wir gemeinsam heraus was es braucht“, sagt Bernadette. „Es kann zum Beispiel ein Abschiedsbrief sein, ein Trauerort mit persönlichen Gegenständen, ein Spaziergang in der Natur. Es gibt viele Bedürfnisse und Möglichkeiten“, zeigt die Lebensberaterin auf. „Wichtig ist es auch, sich selbst Hilfe zu suchen und Freiraum zu schaffen. Ein paar Tage Urlaub vom Job, Familienmitglieder oder Freunde, die auf bereits vorhandene Kinder schauen, einen Partner, der im Haushalt hilft oder mal etwas kocht.“ Auch der Partner und die Kinder sollten in der Trauerbegleitung mit eingebunden werden. „Kinder spüren, wenn mit Mama und Papa etwas nicht stimmt und sie haben oft sehr direkte Fragen. Man sollte ihnen gegenüber immer ehrlich sein und kindgerechte Antworten geben.“

Expertenteam hilft dir

In diesen schwierigen Situationen bietet der Verein Wandelstern Unterstützung als interdisziplinäres Expertenteam Informationen, Austausch, Beratung und Hilfestellung an. „Ich arbeite mit Fachärzten und einer Psychologin zusammen, sodass auch körperliche Symptomen auf den Grund gegangen werden kann.“ Einzelberatungen finden in der Beratungsstelle statt und können auf Wunsch aber auch telefonisch oder per Videotelefonie durchgeführt werden.

Mitgliedschaft & Spenden: „Je mehr Mitglieder und Gruppen sich unserer Initiative anschließen, desto größer werden unsere Möglichkeiten – für die Mitglieder selbst, aber auch auf öffentlicher und politischer Ebene – im Interesse betroffener Eltern“, sagt die Vereinsobfrau. Wenn du der Initiative Wandelstern beitreten durch eine Mitgliedschaft oder Spende unterstützen möchtest, dann fülle am besten diesen Mitgliedschaftsantrag aus und schicke diesen unterschrieben an die angegebene Adresse oder per Mail zurück. „Wir freuen uns auch über jede einzelne Spende, egal wie groß oder klein sie sein mag.“







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